Veröffentlicht am Mai 15, 2024

Der KI-Boom ist keine Lotterie, sondern ein Strategiespiel. Der Erfolg hängt nicht davon ab, die „eine“ richtige Aktie zu finden, sondern die Unternehmen zu identifizieren, die durch überlegene Geschäftsmodelle uneinnehmbare Wettbewerbsvorteile schaffen.

  • Analysieren Sie die Unit Economics und den Pfad zur Skalierbarkeit statt nur auf das Umsatzwachstum zu schauen.
  • Suchen Sie nach einem Flywheel-Effekt, bei dem Daten und Netzwerkeffekte einen sich selbst verstärkenden Wachstumskreislauf erzeugen.
  • Priorisieren Sie Sektoren mit nicht-verhandelbaren Ausgaben (non-discretionary spending) wie zum Beispiel Cybersicherheit.

Empfehlung: Analysieren Sie jedes KI-Investment wie ein Venture Capitalist: Ignorieren Sie den kurzfristigen Hype und bewerten Sie den langfristigen Pfad zur Dominanz und Profitabilität.

Der Hype um künstliche Intelligenz hat die Märkte erfasst. Jeder möchte den nächsten Tenbagger finden, das nächste NVIDIA oder Tesla im Depot haben. Die mediale Berichterstattung ist voll von Listen der „besten KI-Aktien“, und für viele Anleger gleicht die Investition in diesen Megatrend einem Goldrausch. Doch wie bei jedem Goldrausch verdienen die meisten Geld nicht durch das Schürfen von Gold, sondern durch den Verkauf von Schaufeln. Viele Anleger jagen glänzenden Objekten hinterher, ohne das Geschäftsmodell, die Wettbewerbsposition oder die tatsächliche Wertschöpfung des Unternehmens zu verstehen.

Die üblichen Ratschläge – „diversifizieren Sie“ oder „kaufen Sie die großen Namen“ – greifen zu kurz. Sie übersehen die Tatsache, dass viele sogenannte KI-Unternehmen in Wahrheit nur bestehende Produkte mit einem neuen Marketing-Etikett versehen. Der wahre Schlüssel zum Erfolg liegt nicht darin, auf die richtige Technologie zu wetten, sondern darauf, die Unternehmen zu identifizieren, die KI nutzen, um einen tiefen und dauerhaften Wettbewerbsvorteil, einen sogenannten „Moat“, zu errichten. Es geht darum, die Spreu vom Weizen zu trennen.

Aber wenn die traditionellen Kennzahlen und Listen uns in die Irre führen, worauf sollten wir uns dann konzentrieren? Die Antwort liegt in einem Paradigmenwechsel: Wir müssen aufhören, wie Aktienkäufer zu denken, und anfangen, wie Gründer oder Venture-Capital-Investoren aus dem Silicon Valley zu denken. Der Fokus verschiebt sich von kurzfristigen Kursgewinnen hin zu den fundamentalen Bausteinen eines dominanten Unternehmens: den Unit Economics, dem Flywheel-Effekt und dem Aufbau eines uneinnehmbaren Infrastruktur-Vorteils.

Dieser Artikel wird Ihnen genau diese Denkweise vermitteln. Wir werden keine einfachen Aktienlisten präsentieren, sondern Ihnen die mentalen Modelle an die Hand geben, mit denen Sie selbstständig echte KI-Gewinner von bloßen Hype-Phänomenen unterscheiden können. Wir analysieren, welche strukturellen Merkmale erfolgreiche Tech-Unternehmen auszeichnen, wie man Risiken in scheinbar sicheren Anlagen erkennt und wie man eine Spekulationsblase von einer echten technologischen Revolution unterscheidet.

Um Ihnen eine klare Struktur für diese Analyse zu bieten, haben wir die wichtigsten Fragen und Aspekte in übersichtliche Kapitel gegliedert. Der folgende Leitfaden führt Sie durch die entscheidenden mentalen Modelle und Anwendungsfälle, um Ihre Investmentstrategie im KI-Bereich auf ein neues Level zu heben.

Pflege und Gesundheit: Welche Unternehmen profitieren garantiert von der Überalterung?

Einer der mächtigsten und unaufhaltsamsten Megatrends unserer Zeit ist die demografische Entwicklung. Die Gesellschaften in den Industrienationen altern rapide, was das Gesundheitswesen vor enorme Herausforderungen stellt, aber auch gigantische Chancen für Investoren eröffnet. KI ist hier kein nettes Extra, sondern eine Notwendigkeit, um die steigende Nachfrage nach Pflege- und Gesundheitsdienstleistungen bei gleichzeitigem Fachkräftemangel zu bewältigen. Als Investor suchen wir nach Unternehmen, deren Erfolg nicht von einer einzelnen Entdeckung abhängt, sondern die vom strukturellen Wachstum des gesamten Sektors profitieren.

Das Investitionsvolumen spiegelt diese Entwicklung wider: Laut Stanford University beliefen sich 2023 die privaten KI-Investitionen allein im Bereich Medizin und Gesundheitswesen weltweit auf rund 4 Milliarden US-Dollar. Diese Gelder fließen in Unternehmen, die Prozesse optimieren, Diagnosen beschleunigen oder personalisierte Behandlungspläne ermöglichen. Der Fokus liegt auf Effizienz und Skalierbarkeit – zwei Bereiche, in denen KI ihre Stärken voll ausspielt.

Futuristische Darstellung von KI-gestützten Gesundheitstechnologien in der Altenpflege

Ein hervorragendes Beispiel für die Umsetzung ist die Strategie der deutschen Klinikkette Asklepios. Das Unternehmen plant, bis 2024 rund 500 Millionen Euro in seine Digitalisierungsstrategie zu investieren, mit dem klaren Ziel, langfristig zwei Drittel des Umsatzes mit digitalen Dienstleistungen zu erwirtschaften. Dies schafft eine enorme Nachfrage nach Technologieanbietern, die Lösungen für digitale Patientenakten, KI-gestützte Diagnostik oder die Automatisierung administrativer Aufgaben liefern. Das sind die „Schaufelverkäufer“ dieses Trends: Unternehmen für medizinische Bildanalyse, Plattformen für Telemedizin oder Anbieter von Robotik in der Pflege.

Der Investment-Case ist hier besonders stark, weil die Nachfrage nicht-zyklisch ist. Menschen werden auch in einer Rezession krank und benötigen Pflege. Unternehmen, die hier tief in den Arbeitsabläufen von Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen verankert sind, schaffen einen starken Burggraben. Der Wechsel zu einem anderen Anbieter wäre mit enormen Kosten und Risiken verbunden. Es sind genau diese strukturellen Gewinner, die langfristig von der demografischen Entwicklung profitieren, unabhängig davon, welches spezifische Medikament als nächstes zugelassen wird.

Wasserstoff oder Batterie: Welche Technologie setzt sich im Schwerlastverkehr durch?

Die Dekarbonisierung des Verkehrs ist ein weiterer unaufhaltsamer Megatrend. Doch während bei PKWs der batterieelektrische Antrieb den Ton anzugeben scheint, ist das Rennen im Schwerlastverkehr noch völlig offen. Hier konkurrieren zwei grundlegend verschiedene Ansätze: batterieelektrische LKW (BEV) und solche mit Wasserstoff-Brennstoffzellen (FCEV). Als Investor ist die Frage „Wer gewinnt?“ verlockend, aber oft die falsche. Ein weitsichtigerer Ansatz ist es, zu fragen: „Wer profitiert, egal wer gewinnt?“

Die Entscheidung zwischen Batterie und Wasserstoff ist keine rein technologische, sondern eine Frage der Infrastruktur, der Energiedichte und der spezifischen Anwendungsfälle. Batterien sind effizienter in der Umwandlung von Strom zu Bewegung, aber sie sind schwer und haben lange Ladezeiten, was sie für die Langstrecke unattraktiv macht. Wasserstoff bietet eine höhere Reichweite und schnellere Betankung, ähnlich wie Diesel, aber die Erzeugung von grünem Wasserstoff ist noch teuer und energieintensiv, und ein Tankstellennetz muss erst aufgebaut werden.

Anstatt auf einen LKW-Hersteller zu wetten, ist es strategisch klüger, in die zugrunde liegende Infrastruktur und die Rohstoffe zu investieren, die für beide Technologien benötigt werden. Dies schafft ein diversifizierteres Engagement in dem Megatrend, ohne das binäre Risiko einer einzelnen Technologiewette einzugehen. Es ist der klassische „Picks and Shovels“-Ansatz, der sich in jedem Goldrausch bewährt hat.

Die folgende Tabelle, basierend auf einer Analyse von Anlagestrategien, zeigt, wie man diesen Ansatz strukturieren kann:

Investitionsstrategien für Antriebstechnologien
Technologie Anwendungsbereich Investitionsfokus
Batterie-Elektro Kurz- und Mittelstrecke Ladeinfrastruktur, Batterieproduktion
Wasserstoff Langstrecke, schwere Lasten Tankstellennetze, Elektrolyseure
Rohstoffe Beide Technologien Lithium, Kobalt, Platin, Iridium

Ein Investment in Hersteller von Elektrolyseuren (für Wasserstoff) oder in Betreiber von Ladeinfrastrukturnetzen (für Batterien) ist eine Möglichkeit. Ein noch fundamentalerer Ansatz ist die Investition in die Rohstoffe. Batterien benötigen Lithium und Kobalt, während Brennstoffzellen und Elektrolyseure auf Platin und Iridium angewiesen sind. Unternehmen, die eine Schlüsselposition in der Lieferkette dieser kritischen Materialien einnehmen, profitieren vom Wachstum des gesamten Sektors, unabhängig von der dominanten Technologie.

Warum werden Ausgaben für IT-Sicherheit auch in der Rezession nicht gekürzt?

In einer wirtschaftlichen Abschwungphase wird in Unternehmen fast alles auf den Prüfstand gestellt: Marketingbudgets werden gekürzt, Neueinstellungen gestoppt und Expansionspläne verschoben. Es gibt jedoch einen Bereich, in dem Kürzungen einem unternehmerischen Selbstmord gleichkämen: die IT-Sicherheit. Die Kosten eines erfolgreichen Cyberangriffs – von Datenverlust über Betriebsunterbrechungen bis hin zu Reputationsschäden – übersteigen die Ausgaben für Prävention um ein Vielfaches. Dies macht Cybersicherheit zu einem Paradebeispiel für nicht-verhandelbare Ausgaben (non-discretionary spending).

Für Investoren ist dies ein extrem attraktives Merkmal. Unternehmen in diesem Sektor profitieren von einem stetigen und wachsenden Strom an Einnahmen, der weitgehend von Konjunkturzyklen entkoppelt ist. Die zunehmende Vernetzung durch das Internet der Dinge (IoT) und die Verlagerung von Daten in die Cloud erhöhen die Angriffsfläche kontinuierlich, was die Nachfrage weiter anheizt. KI spielt hier eine Doppelrolle: Sie wird sowohl von Angreifern zur Entwicklung ausgefeilterer Attacken als auch von Verteidigern zur Erkennung und Abwehr dieser Bedrohungen in Echtzeit eingesetzt.

Wie John Naughton im Guardian treffend bemerkte, wird die nächste große Welle im Cybersecurity-Sektor von KI-Spezialisten angeführt. Ein herausragendes Beispiel für ein Unternehmen, das hier einen tiefen Burggraben aufbaut, ist CrowdStrike.

Fallstudie: Der Flywheel-Effekt bei CrowdStrike

CrowdStrike hat seine Cybersecurity-Plattform von Grund auf mit KI und maschinellem Lernen konzipiert. Der Clou ist der Netzwerkeffekt, der hier entsteht: Jeder neue Kunde, der die Plattform nutzt, liefert neue Daten über potenzielle Bedrohungen. Erkennt der KI-Algorithmus bei einem einzigen Kunden eine neue Schadsoftware, wird dieses Wissen sofort auf die gesamte Plattform übertragen, und alle anderen Kunden sind ebenfalls geschützt. Wie eine Analyse des Geschäftsmodells zeigt, führt dies zu einem sich selbst verstärkenden Kreislauf (Flywheel-Effekt): Mehr Kunden führen zu besseren Daten, was zu einem besseren Schutz führt, was wiederum mehr Kunden anzieht. Dieser Vorteil ist für Konkurrenten extrem schwer zu kopieren.

Dieser Flywheel-Effekt ist ein Merkmal vieler erfolgreicher Plattformunternehmen und ein Schlüsselfaktor, nach dem Investoren suchen sollten. Es geht nicht nur darum, eine gute Technologie zu haben, sondern ein Geschäftsmodell zu schaffen, das mit jedem neuen Nutzer wertvoller wird. Unternehmen wie CrowdStrike verkaufen nicht nur ein Produkt; sie verkaufen Zugang zu einem kollektiven Immunsystem. Das macht ihre Dienstleistung unverzichtbar und ihre Umsätze robust – selbst wenn die Wirtschaft ins Stottern gerät.

Welches Merkmal hatten Amazon und Tesla gemeinsam, bevor sie profitabel wurden?

Jahrelang wurden Amazon und Tesla von traditionellen Analysten belächelt. Ihre Bilanzen zeigten hohe Verluste, und nach klassischen Bewertungskennzahlen wie dem KGV waren sie maßlos überbewertet. Dennoch wurden sie zu zwei der wertvollsten Unternehmen der Welt. Der Grund: Weitsichtige Investoren erkannten, dass beide Firmen nicht auf kurzfristige Gewinne, sondern auf den Aufbau einer langfristig uneinnehmbaren Marktposition abzielten. Sie opferten die Profitabilität von heute für die Dominanz von morgen.

Das gemeinsame Merkmal war ein unerbittlicher Fokus auf die Perfektionierung ihrer Unit Economics und die massive Reinvestition jedes verfügbaren Dollars in den Aufbau eines Infrastruktur-Vorteils. Amazon baute nicht nur einen Online-Shop, sondern das weltweit führende Logistik- und Cloud-Netzwerk (AWS). Tesla baute nicht nur Autos, sondern ein globales Netz an Superchargern, eine eigene Batteriefertigung (Gigafactories) und sammelte immense Datenmengen für das autonome Fahren. Diese Vermögenswerte sind für Konkurrenten extrem teuer und zeitaufwändig zu replizieren.

Symbolische Darstellung von Skalierungspfaden und Infrastruktur-Investitionen

Dieses Vorgehen steht im krassen Gegensatz zu dem, was Gartner bei Unternehmen mit geringer KI-Reife beobachtet. Diese haben oft Schwierigkeiten, passende Anwendungsfälle zu identifizieren und hegen unrealistische Erwartungen an ihre Initiativen. Erfolgreiche Unternehmen hingegen konzentrieren sich auf eine klare Metrik: Werden die Kosten pro ausgelieferter Einheit (ob Paket, Kilowattstunde oder Software-Lizenz) mit zunehmender Skalierung immer niedriger? Und schafft jede Investition einen weiteren Baustein für einen sich selbst verstärkenden Flywheel-Effekt?

Low-maturity organizations have trouble identifying suitable use cases and exhibit unrealistic expectations for initiatives.

– Gartner, Hype Cycle for Artificial Intelligence 2025

Für KI-Investoren bedeutet das: Schauen Sie über die oberflächliche Gewinn- und Verlustrechnung hinaus. Analysieren Sie stattdessen, ob das Unternehmen einen klaren Plan zur Skalierung hat und ob es in schwer kopierbare Assets investiert. Amazon nutzte seine E-Commerce-Plattform als Basis, um das weitaus profitablere Cloud-Geschäft mit AWS aufzubauen. Das ist der Kern eines erfolgreichen Plattform-Geschäftsmodells: Ein erstes Produkt dient als Sprungbrett für weitere, oft noch profitablere Geschäftsfelder. Suchen Sie nach Unternehmen, die nicht nur ein KI-Feature entwickeln, sondern eine ganze Infrastruktur schaffen, auf der zukünftiges Wachstum aufbauen kann.

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Die 3 Phasen einer Spekulationsblase: Wann sollten Sie aussteigen?

Jede große technologische Revolution, von der Eisenbahn bis zum Internet, wurde von einer Phase exzessiver Spekulation begleitet. Die KI-Revolution ist keine Ausnahme. Während die Technologie zweifellos transformativ ist, führt der Hype unweigerlich zu überzogenen Erwartungen und Bewertungen, die von den fundamentalen Realitäten entkoppelt sind. Als Investor ist die Fähigkeit, die Anzeichen einer Blase zu erkennen, entscheidend, um nicht auf dem Gipfel zu kaufen und im Tal der Tränen zu landen. Das Paradoxe dabei: Oft sind die Erwartungen an die Technologie langfristig sogar richtig, aber kurz- bis mittelfristig völlig übertrieben.

Eine klassische Spekulationsblase durchläuft typischerweise drei Phasen:

  1. Die Stealth-Phase: Nur wenige Experten und Early Adopters erkennen das Potenzial der neuen Technologie. Die Kurse steigen langsam und unter geringer öffentlicher Aufmerksamkeit. Dies ist die Phase der „Smart Money“-Investoren.
  2. Die Awareness-Phase: Die Medien beginnen zu berichten, institutionelle Investoren steigen ein. Die Kurse beschleunigen sich. Erste Erfolgsgeschichten machen die Runde, und die breite Masse wird aufmerksam.
  3. Die Mania-Phase (Hype): Die Öffentlichkeit steigt massiv ein. Jeder Taxifahrer gibt plötzlich Aktientipps. Die Bewertungen explodieren und entkoppeln sich vollständig von den Fundamentaldaten. Es herrscht die Angst, etwas zu verpassen (FOMO). Dies ist der gefährlichste Zeitpunkt – der Gipfel ist nah.

Ein klares Warnsignal für die Mania-Phase ist, wenn die Erzählung wichtiger wird als die Realität. Wenn Gründer ohne funktionierendes Produkt nur aufgrund ihres Lebenslaufs Milliardenbewertungen erzielen, ist Vorsicht geboten. Ein weiterer Indikator ist die Diskrepanz zwischen öffentlicher Wahrnehmung und interner Zufriedenheit. Eine Gartner-Studie zeigt, dass weniger als 30% der KI-Leader berichten, dass ihre CEOs mit dem ROI der KI-Investitionen zufrieden sind. Diese Kluft zwischen Hype und realer Wertschöpfung ist ein Nährboden für Enttäuschungen.

Wann also aussteigen? Der beste Zeitpunkt ist nicht am absoluten Gipfel – den trifft niemand –, sondern wenn die Anzeichen der Mania-Phase unübersehbar werden. Wenn Insider (Gründer, Top-Manager) in großem Stil Aktien verkaufen, während die Kurse noch steigen, ist das ein starkes Warnsignal. Sie wissen am besten über die tatsächliche Lage ihres Unternehmens Bescheid. Ein weiteres Zeichen ist eine sinkende Qualität der Börsengänge (IPOs). Wenn plötzlich jedes Unternehmen, das „KI“ im Namen trägt, an die Börse gebracht wird, ist das ein Zeichen für einen überhitzten Markt. Der kluge Investor nimmt hier Gewinne mit und wartet auf die unvermeidliche Korrektur, um bei realistischeren Bewertungen wieder einzusteigen.

Warum ist der MSCI World eigentlich eine Wette auf 7 US-Tech-Giganten?

Viele Anleger fühlen sich mit einem Investment in einen MSCI World ETF sicher. Er gilt als Inbegriff der globalen Diversifikation – ein Korb aus über 1.500 Aktien aus 23 Industrieländern. Doch dieser Schein trügt. Aufgrund seiner Konstruktion als marktkapitalisierungsgewichteter Index hat sich der MSCI World in den letzten Jahren zu einer hochkonzentrierten Wette auf eine Handvoll amerikanischer Technologieunternehmen entwickelt. Die „Magnificent Seven“ (Apple, Microsoft, Alphabet, Amazon, Nvidia, Tesla, Meta) machen einen erheblichen und stetig wachsenden Teil des Index aus.

Das bedeutet: Wer in den MSCI World investiert, geht unbeabsichtigt eine massive Sektor- und Länderwette ein. Die Performance des gesamten Portfolios hängt überproportional stark vom Schicksal dieser wenigen Tech-Giganten ab. Fällt der Tech-Sektor, reißt er den gesamten Index mit nach unten. Diese Konzentration ist ein Klumpenrisiko, das viele Anleger nicht auf dem Schirm haben. Die hohe Bewertung vieler dieser Unternehmen birgt zudem ein erheblicliches Korrekturpotenzial, wie die Vergangenheit immer wieder gezeigt hat.

Fallstudie: NVIDIA und das Konzentrationsrisiko

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Ein dramatisches Beispiel für die Volatilität und die Risiken dieser Konzentration war die Korrektur bei NVIDIA. Wie ein Bericht über die Marktdynamik aufzeigte, verdeutlichten starke Kursschwankungen bei einzelnen Tech-Giganten die Gefahr, die von der unbeabsichtigten KI-Wette im MSCI World ausgeht. Ein Einbruch bei nur einem dieser Schwergewichte hat spürbare Auswirkungen auf die Performance des gesamten Index und somit auf Millionen von Anlegerportfolios.

Ein visionärer Investor muss dieses versteckte Risiko erkennen und aktiv gegensteuern. Es geht nicht darum, den MSCI World zu meiden, sondern seine Allokation bewusst zu gestalten, um eine echte Diversifikation zu erreichen. Das Ziel ist es, die Dominanz der US-Tech-Giganten auszubalancieren und das Portfolio widerstandsfähiger gegenüber Sektor-Rotationen und regionalen Schwankungen zu machen.

Ihr Aktionsplan: Strategien zur echten Portfolio-Diversifikation

  1. Equal-Weight-ETFs nutzen: Setzen Sie auf gleichgewichtete Indizes statt auf marktkapitalisierungsgewichtete, um die Dominanz der Giganten zu brechen. Jeder Titel hat hier das gleiche Gewicht.
  2. Faktor-Investing implementieren: Implementieren Sie gezielt Faktoren wie „Value“, „Size“ oder „Quality“, um eine Risikostreuung zu erreichen, die über die reine Marktkapitalisierung hinausgeht.
  3. Unterrepräsentierte Sektoren beimischen: Kaufen Sie gezielt ETFs auf Sektoren, die im MSCI World untergewichtet sind, wie z.B. europäische Industrieunternehmen oder der japanische Mittelstand.
  4. Regionale Diversifikation verstärken: Erhöhen Sie bewusst den Anteil von Aktien aus Europa und den Schwellenländern, um die starke US-Dominanz zu reduzieren.
  5. Small- & Mid-Caps einbeziehen: Investieren Sie in ETFs, die sich auf kleinere und mittelgroße Unternehmen konzentrieren, um das Large-Cap-Risiko zu verringern und von anderen Wachstumstreibern zu profitieren.

Welche Smart-Home-Features rechtfertigen wirklich eine höhere Miete?

Das Konzept des „Return on Investment“ (ROI) ist nicht nur für Aktien relevant, sondern lässt sich auf fast jede Investitionsentscheidung anwenden – selbst auf die Ausstattung einer Immobilie. Im Smart-Home-Bereich gibt es unzählige Gadgets und Features, von smarten Glühbirnen bis hin zu sprachgesteuerten Jalousien. Doch welche dieser Investitionen schaffen tatsächlich einen Mehrwert, der eine höhere Miete oder einen höheren Verkaufspreis rechtfertigt? Auch hier gilt es, zwischen Hype und echtem Nutzen zu unterscheiden.

Ein weitsichtiger Investor oder Eigentümer wendet hier dieselbe Denkweise an wie bei einer KI-Aktie: Löst das Feature ein echtes Problem oder ist es nur eine Spielerei? Ein Feature rechtfertigt dann eine höhere Miete, wenn es einen der drei folgenden Kernnutzen signifikant verbessert:

  • Kosteneinsparung: Technologien, die nachweislich die Betriebskosten senken, bieten den klarsten ROI. Ein smartes Heizungsthermostat, das lernt, wann niemand zu Hause ist und die Temperatur automatisch senkt, kann die Heizkosten um 10-15% reduzieren. Dies ist ein harter, quantifizierbarer Vorteil, den Mieter verstehen und für den sie bereit sind zu zahlen.
  • Sicherheit: Features, die die Sicherheit erhöhen, haben einen hohen emotionalen und praktischen Wert. Eine smarte Türklingel mit Videofunktion, vernetzte Rauchmelder oder ein intelligentes Schließsystem bieten ein Gefühl von Schutz, das weit über den reinen Komfort hinausgeht.
  • Komfort mit echtem Zeitgewinn: Viele Komfort-Features sind reine Gimmicks. Eine per App steuerbare Kaffeemaschine spart kaum Zeit. Eine intelligente Bewässerungsanlage für den Garten, die sich nach dem Wetter richtet und den Bewohnern Stunden an Arbeit erspart, hingegen schon. Der Wert liegt in der Automatisierung lästiger Routineaufgaben.

Features wie farbwechselnde LED-Beleuchtung oder sprachgesteuerte Vorhänge sind zwar beeindruckend, ihr Nutzen nutzt sich aber schnell ab. Sie lösen kein drängendes Problem und der wahrgenommene Wert sinkt nach der anfänglichen Begeisterung rapide. Die Investition in solche Elemente verpufft oft, da sie für den nächsten Mieter oder Käufer keinen entscheidenden Faktor darstellen. Der Fokus sollte immer auf der Infrastruktur liegen: Eine gute Vernetzung (starkes WLAN, Ethernet-Anschlüsse) und die Integration von Systemen, die echte Probleme lösen, schaffen einen dauerhaften Wert.

Letztlich geht es darum, den Mieter oder Käufer als „Kunden“ zu betrachten und zu fragen: „Welches Problem löse ich für ihn so gut, dass er bereit ist, dafür mehr zu bezahlen?“ Es ist dieselbe Frage, die sich ein erfolgreiches KI-Softwareunternehmen stellt. Der zugrunde liegende Mechanismus der Wertschöpfung ist identisch. Die Konzentration auf den ROI trennt den cleveren Investor vom gadgetverliebten Enthusiasten.

Das Wichtigste in Kürze

  • Der wahre Wert einer KI-Investition liegt nicht in der Technologie selbst, sondern in einem überlegenen Geschäftsmodell, das einen dauerhaften Wettbewerbsvorteil (Moat) schafft.
  • Konzentrieren Sie sich auf strukturelle Gewinner in nicht-zyklischen Märkten (z.B. Gesundheit, Cybersicherheit) und analysieren Sie die Unit Economics statt kurzfristiger Gewinne.
  • Seien Sie sich des Konzentrationsrisikos in marktkapitalisierten Indizes wie dem MSCI World bewusst und diversifizieren Sie aktiv durch Beimischung von Equal-Weight-ETFs, anderen Regionen und Sektoren.

KGV (Kurs-Gewinn-Verhältnis): Wann ist eine „billige“ Aktie in Wahrheit ein sterbendes Unternehmen?

Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) ist eine der bekanntesten und am häufigsten verwendeten Kennzahlen zur Bewertung von Aktien. Ein niedriges KGV suggeriert, dass eine Aktie „billig“ ist und Potenzial für Kursgewinne hat. Doch gerade im Kontext technologischer Umbrüche, wie wir sie durch KI erleben, kann ein niedriges KGV eine gefährliche Falle sein – eine sogenannte Wertfalle (Value Trap). Eine Wertfalle ist ein Unternehmen, das optisch günstig erscheint, dessen Geschäftsmodell aber erodiert und dessen zukünftige Gewinne systematisch sinken werden.

Typische Beispiele sind traditionelle Einzelhändler, die von E-Commerce überrollt wurden, oder alte Medienhäuser im Zeitalter des Internets. Diese Unternehmen mögen heute noch Gewinne ausweisen, aber sie befinden sich auf der falschen Seite eines Megatrends. Ihre Infrastruktur, ihre Prozesse und ihre Kultur sind auf eine alte Welt ausgerichtet. Die ausgewiesenen Gewinne werden oft durch Kostensenkungen, insbesondere bei den zukunftsweisenden Forschungs- und Entwicklungsausgaben (F&E), künstlich hochgehalten, um Dividenden zahlen und den Aktienkurs stützen zu können.

Das Geschäftsmodell der Unternehmen, die diese Technologien entwickeln, ist bislang noch nicht rentabel. Deswegen sind sie auf den Hype angewiesen.

– Expertin für gemeinwohlorientierte KI, Bertelsmann Stiftung

Auf der anderen Seite stehen die Herausforderer – die jungen KI-Unternehmen. Wie die Expertin der Bertelsmann Stiftung betont, sind viele von ihnen noch nicht profitabel und haben daher ein unendlich hohes oder negatives KGV. Sie erscheinen „teuer“. Doch sie investieren aggressiv in Technologie, Talente und den Aufbau eines neuen Geschäftsmodells. Sie opfern heutige Gewinne für zukünftige Marktanteile. Ein Investor, der nur auf das KGV schaut, würde die sterbenden Unternehmen kaufen und die zukünftigen Gewinner meiden.

Der Schlüssel zur Unterscheidung einer echten Chance von einer Wertfalle liegt in der Analyse der Kapitalallokation und der strategischen Ausrichtung des Unternehmens. Die folgende Matrix kann dabei als Orientierung dienen:

Wertfalle vs. Chance – Analysematrix
Kriterium Wertfalle (sterbendes Unternehmen) Echte Chance
F&E-Ausgaben Werden gekürzt zur Dividendenerhaltung Aggressive Investitionen in neue Technologien
Geschäftsmodell Auf falscher Seite des Megatrends Aktive Transformation in Wachstumsfelder
Kapitalallokation Fokus auf kurzfristige Gewinnoptimierung Langfristiger Aufbau neuer Geschäftsfelder

Ein niedriges KGV allein ist kein Kaufsignal. Es ist lediglich der Startpunkt für eine tiefere Analyse. Fragen Sie sich immer: Warum ist die Aktie billig? Erkennt der Markt ein Problem, das ich übersehe? Oder handelt es sich um eine temporäre Fehleinschätzung? Im Zeitalter der KI ist ein Unternehmen, das nicht massiv in seine technologische Zukunft investiert, mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Wertfalle, egal wie attraktiv sein KGV heute aussehen mag.

Um wirklich fundierte Entscheidungen zu treffen, ist es unerlässlich, die Grenzen traditioneller Kennzahlen zu verstehen und sie kritisch zu hinterfragen.

Häufige Fragen zu KI-Investments

Wann ist der KI-Hype am Höhepunkt?

Wenn Gründer mit den richtigen Lebensläufen gigantische Finanzierungsrunden zu hohen Bewertungen einsammeln können, ohne viel Beweis dafür, dass ihr Produkt funktioniert. Dies signalisiert, dass die Erzählung und das Vertrauen in Personen wichtiger geworden sind als nachweisbare Fakten und Geschäftsfortschritte.

Was sind quantitative Hype-Indikatoren?

Das Verhältnis von Pressemitteilungen zu tatsächlichen Produkteinführungen, die Geschwindigkeit der Zunahme von Social-Media-Erwähnungen und Trends im Suchvolumen sind messbare Indikatoren. Wenn die Kommunikation stark zunimmt, während die Produktentwicklung stagniert, ist das ein klares Warnsignal für übertriebenen Hype.

Wann sollte man aussteigen?

Ein kritisches Signal ist, wenn Insider (wie Gründer und Führungskräfte) branchenweit in großem Stil Aktien verkaufen, während die Kurse noch steigen. Ein weiteres Alarmsignal ist, wenn die Qualität der Börsengänge (IPOs) drastisch sinkt und Unternehmen ohne solides Geschäftsmodell an den Markt drängen.

Geschrieben von Sabine Rothmann, Unabhängige Finanzberaterin (CFA) und Immobilieninvestorin mit Schwerpunkt auf energetische Sanierung und Vermögensaufbau. Über 12 Jahre Erfahrung im Asset Management und privaten Portfolio-Structuring.