Veröffentlicht am März 15, 2024

Die Jagd nach dem nächsten Trendviertel gewinnen Sie nicht mit Bauchgefühl, sondern mit der kalten Analyse von Verzögerungseffekten und demografischen Sollbruchstellen.

  • Infrastrukturprojekte entfalten ihre volle Wertsteigerung oft erst Jahre nach Fertigstellung – Geduld schlägt schnelle Spekulation.
  • Demografische Warnsignale wie eine schnell alternde Bevölkerung sind ein verlässlicherer Indikator für fallende Preise als kurzfristiger Leerstand.

Empfehlung: Konzentrieren Sie Ihre Due Diligence auf die zweite Reihe der Indikatoren: die Wegzugsrate von Kreativen, die Lärmpotenziale und die Diskrepanz zwischen Online-Darstellung und Realität.

Als risikofreudiger Investor, der in den A-Städten wie München oder Berlin kaum noch Rendite findet, richten Sie Ihren Blick zu Recht auf B- und C-Lagen. Die gängigen Ratschläge sind Ihnen bekannt: Suchen Sie nach neuen Cafés, folgen Sie den Künstlern, achten Sie auf Bauprojekte. Doch dieser Ansatz ist heute oft eine Falle. Wenn die ersten Lifestyle-Magazine über ein Viertel berichten, ist das Spiel für smarte Investoren meist schon vorbei. Die Preise haben ihren Höhepunkt erreicht und die ursprüngliche Authentizität, die den Wert trieb, ist bereits kommerzialisiert.

Die wahre Kunst liegt nicht darin, die offensichtlichen Signale zu erkennen, sondern die subtilen, datengestützten Indikatoren zu deuten, die der Markt noch nicht eingepreist hat. Es geht um das Verständnis von Verzögerungseffekten, bei denen der wahre Wert einer neuen U-Bahn-Linie erst Jahre später sichtbar wird. Es geht um die Analyse von demografischen Sollbruchstellen, die eine scheinbar stabile Kleinstadt in eine zukünftige „Geisterstadt“ verwandeln können. Der entscheidende Fehler vieler Investoren ist die Annahme, dass positive Signale sofortige Wertsteigerungen bedeuten. Die Realität ist komplexer und erfordert einen analytischen, fast schon forensischen Blick.

Dieser Artikel ist Ihr Scout-Bericht. Wir werden die oberflächlichen Mythen entlarven und Ihnen ein Framework an die Hand geben, um das Signal vom Rauschen zu trennen. Statt auf Hipster-Barometer zu setzen, fokussieren wir uns auf die harten, oft kontraintuitiven Faktoren, die über langfristigen Erfolg oder teure Fehlinvestitionen entscheiden. Wir analysieren, wann ein Hype echt ist und wann er zur Blase wird, warum das Einfamilienhaus auf dem Land zur Wertfalle wird und wie Sie die geschönten Fassaden von Online-Portalen durchschauen.

Um Ihnen eine klare Orientierung zu geben, haben wir diesen Guide in acht zentrale Analysefelder unterteilt. Jeder Abschnitt beantwortet eine kritische Frage, die Sie sich stellen müssen, bevor Sie in eine aufstrebende Lage investieren. So navigieren Sie sicher durch die Komplexität des Marktes.

Warum steigert ein neuer Bahnanschluss den Wert einer Immobilie oft erst Jahre später?

Die Ankündigung eines großen Infrastrukturprojekts wie einer neuen S-Bahn-Linie löst oft sofortige Spekulationen aus. Doch als analytischer Investor wissen Sie: Die eigentliche Wertschöpfung folgt einem klaren, aber verzögerten Muster. Der größte Fehler ist, direkt nach der Ankündigung zum Höchstpreis zu kaufen. Die Preisentwicklung nach solchen Projekten lässt sich in vier Phasen unterteilen: die Ankündigung führt zu erster Spekulation, der Baubeginn sorgt für eine noch verhaltene Entwicklung, die Fertigstellung bringt moderate Steigerungen. Der signifikante Wertzuwachs tritt jedoch erst zwei bis fünf Jahre nach der Eröffnung ein. Erst dann ist die neue Verbindung im Alltag der Menschen verankert, Pendlerströme haben sich angepasst und neue Geschäfte entlang der Linie eröffnet.

Dieses Phänomen des Verzögerungseffekts ist Ihr strategischer Vorteil. Während andere Investoren auf die kurzfristige Nachricht reagieren, analysieren Sie den Zeitplan. Der aktuelle Immobilienmarkt, der nach Jahren des Anstiegs eine Korrekturphase durchläuft, verstärkt diesen Effekt. Ein gutes Beispiel ist das Deutschlandticket. Es hat das Potenzial ländlicher Regionen enorm gesteigert, indem es das Pendeln erschwinglicher macht. In Kombination mit Homeoffice und dem Ausbau von Co-Working-Spaces im Umland wird das Leben außerhalb der Metropolen attraktiver. Der Wertzuwachs materialisiert sich aber erst, wenn diese neuen Lebensmodelle zur etablierten Norm werden – nicht am Tag der Einführung des Tickets.

Ihre Aufgabe als Scout ist es also, nicht nur das „Was“ (neuer Anschluss) zu sehen, sondern vor allem das „Wann“. Der beste Einstiegszeitpunkt liegt oft in der Bauphase oder kurz nach der Fertigstellung, wenn die Unsicherheit noch hoch und der volle Nutzen noch nicht im Preis reflektiert ist. Hier trennt sich der spekulative vom strategischen Investor.

Studentenstadt vs. Industriestandort: Wo ist das Leerstandsrisiko geringer?

Die Wahl zwischen einer dynamischen Studentenstadt und einem stabilen Industriestandort ist eine klassische strategische Frage. Auf den ersten Blick bieten Studentenstädte durch die hohe Fluktuation stetige Nachfrage, aber auch das Risiko saisonaler Schwankungen und die Gefahr durch zunehmende Online-Studiengänge. Industriestandorte versprechen stabile Langzeitmieter, sind aber von der Konjunktur einzelner Branchen abhängig. Eine pauschale Antwort gibt es nicht, aber die Daten liefern eine klare Richtung für die Risikominimierung.

Der entscheidende Faktor ist die Nachfragequalität und -diversität. Ein moderner Industriestandort mit diversifizierten Branchen (z.B. Tech, Logistik, Life Sciences) bietet oft eine höhere Sicherheit als eine Stadt, die fast ausschließlich von einer Universität oder einem einzigen großen Arbeitgeber abhängt. Zudem ist die Renditeerwartung in soliden Industriestandorten mit 5-7 % oft leicht höher als in vielen Studentenstädten (4-6 %), wie Vergleichsdaten zeigen.

Unabhängig vom Stadttypus gibt es einen übergeordneten Trend, der das Leerstandsrisiko für bestimmte Wohnungstypen senkt. Ein aktueller Marktbericht zeigt, dass Single- und Zweipersonenhaushalte einen Anteil von 75 % bis 80 % an der Gesamtstruktur ausmachen. Das bedeutet: Kleine bis mittelgroße Wohnungen (1-3 Zimmer) sind sowohl in Studenten- als auch in Industriestädten die mit Abstand gefragteste Assetklasse. Ihr Investmentrisiko sinkt also signifikant, wenn Sie sich auf diesen Wohnungstyp konzentrieren, anstatt auf große Familienwohnungen zu spekulieren.

Die folgende Tabelle fasst die zentralen Unterschiede zusammen und hilft Ihnen bei der Abwägung der jeweiligen Chancen und Risiken.

Vergleich: Investitionskriterien für Studentenstädte vs. Industriestandorte
Kriterium Studentenstädte Industriestandorte
Nachfragequalität Hohe Fluktuation Stabile Langzeitmieter
Mietpreissicherheit Saisonal schwankend Kontinuierlich
Zukunftsrisiko Online-Studiengänge Diversifizierte Wirtschaft
Renditeerwartung 4-6% 5-7%

Die Gefahr der „Geisterstädte“: Welche demografischen Daten sind ein absolutes Warnsignal?

Der attraktivste Kaufpreisfaktor nützt nichts, wenn Ihr Investment in 20 Jahren in einer schrumpfenden Region mit massivem Leerstand liegt. Die Demografie ist das Fundament jeder langfristigen Immobilienstrategie. Während viele nur auf das reine Bevölkerungswachstum schauen, müssen Sie als Scout die demografischen Sollbruchstellen identifizieren. Das sind Kennzahlen, die eine negative Dynamik unumkehrbar machen können.

Das absolute Warnsignal ist nicht die aktuelle Bevölkerungszahl, sondern die Altersstruktur in Relation zur Geburtenrate und zum Wanderungssaldo. Eine Region, in der der Anteil der über 65-Jährigen rapide steigt, während junge Menschen abwandern und kaum Familien nachziehen, steuert auf ein Überangebot an Immobilien zu. Ein zentraler Treiber ist, dass die Altersgruppe 65+ Jahre binnen 15 Jahren von 20 Mio. auf 24 Mio. wachsen wird. Diese Gruppe löst tendenziell Vermögen auf und gibt größere Wohnflächen frei, die von den nachfolgenden, kleineren Generationen nicht mehr aufgefangen werden können.

Konkret sollten Sie auf folgende rote Flaggen achten:

  • Hoher Altersquotient: Das Verhältnis von Rentnern zu Personen im erwerbsfähigen Alter. Ein schnell steigender Quotient ist ein klares Alarmsignal.
  • Negativer Wanderungssaldo bei den 18- bis 30-Jährigen: Wenn die jungen, ausgebildeten Menschen die Region verlassen, fehlt die zukünftige Nachfrage.
  • Geringe Geburtenrate bei gleichzeitig niedrigem Zuzug von Familien: Ohne Nachwuchs stirbt die Nachfrage nach größeren Wohnungen und Einfamilienhäusern langsam aus.

Diese Faktoren sind oft in ländlichen, strukturschwachen Regionen zu beobachten und kündigen den Wertverfall lange vor dem tatsächlichen Leerstand an.

Verlassene Gebäude in einer schrumpfenden Stadt, die den Kontrast zwischen bewohnt und unbewohnt darstellen.

Die visuelle Realität solcher Entwicklungen ist ernüchternd. Bevor Sie also von einem niedrigen Kaufpreis geblendet werden, prüfen Sie die demografische Zeitbombe, auf der die Immobilie möglicherweise sitzt. Ein Investment gegen einen so starken demografischen Trend ist fast immer ein Verlustgeschäft.

Ab welchem Faktor lohnt sich der Einstieg in einer ostdeutschen Kleinstadt nicht mehr?

Ostdeutsche Kleinstädte locken mit scheinbar unschlagbar niedrigen Kaufpreisfaktoren. Doch hier lauert die Faktor-Falle: Ein hoher Faktor (also eine hohe Bruttorendite) ist oft kein Zeichen für ein Schnäppchen, sondern eine Risikoprämie für mangelndes Wertsteigerungspotenzial und hohe Instandhaltungskosten. Die Frage ist also nicht, wie hoch der Faktor ist, sondern ob er das tatsächliche Risiko der Region kompensiert. Es gibt Regionen wie den Vogtlandkreis in Sachsen, wo der durchschnittliche Kaufpreis bei nur 917 Euro pro Quadratmeter liegt. Das klingt verlockend, doch die entscheidende Frage ist: Warum ist es so günstig?

Die absolute Obergrenze, ab der ein Einstieg kritisch wird, ist schwer pauschal zu definieren, aber es gibt eine klare Leitplanke: Wenn der Kaufpreisfaktor unter 20 fällt (also die Bruttorendite über 5 % liegt), müssen Sie extrem genau hinsehen. Ein Faktor von 15 oder 18 mag attraktiv wirken, aber wenn die Region demografisch schrumpft und keine wirtschaftlichen Impulse zu erwarten sind, „erkaufen“ Sie sich diese Rendite mit einem hohen Wertverlustrisiko. Der Postbank Wohnatlas 2024 formuliert es drastisch, wie aus einer Analyse hervorgeht:

In rund 40% aller 400 deutschen Landkreise und kreisfreien Städte fallen die Preise für Eigentumswohnungen real und liegen bis 2035 um mindestens 2% unter dem heutigen Niveau.

– Postbank Wohnatlas, Postbank Wohnatlas 2024

Diese Prognose macht deutlich, dass eine hohe Anfangsrendite durch den zukünftigen Wertverlust schnell aufgezehrt werden kann. Der Einstieg lohnt sich daher nicht mehr, wenn die folgenden Bedingungen zutreffen: Der hohe Faktor wird nicht von positiven Zukunftsaussichten (z.B. Ansiedlung eines großen Arbeitgebers, Ausbau von Infrastruktur) gestützt, sondern resultiert allein aus der Strukturschwäche der Region. Ein Faktor von 25 in einer stabilen B-Lage ist oft das bessere Investment als ein Faktor von 15 in einer schrumpfenden C- oder D-Lage.

Wann ist der Hype vorbei: Die 3 Zeichen, dass ein Viertel bereits überbewertet ist

Jedes Trendviertel erreicht irgendwann seinen Authentizitäts-Kipppunkt – den Moment, in dem der ursprüngliche Charme, der den Hype ausgelöst hat, dem Mainstream weicht und die Preise irrational werden. Als Investor ist es entscheidend, diesen Punkt zu erkennen, um nicht auf dem Höhepunkt der Blase zu kaufen. Während die breite Masse noch auf den Zug aufspringt, suchen Sie bereits nach dem Ausgang. Es gibt drei untrügliche Zeichen, dass ein Viertel seinen Zenit überschritten hat und überbewertet ist.

Diese Indikatoren signalisieren, dass die Pioniere (Künstler, Studenten, kleine Ladenbesitzer), die das Viertel begehrenswert gemacht haben, von der nächsten Welle verdrängt werden – und mit ihnen das zukünftige Wertsteigerungspotenzial. Der Markt ist dann gesättigt und die Preise sind anfällig für Korrekturen, wie der jüngste reale Kaufpreisrückgang in den Big 7 Städten um 3,1 Prozent zeigt.

Die drei Hauptindikatoren für eine Überbewertung sind:

  • Zeichen 1: Ankunft internationaler Ketten. Wenn die ersten Filialen von Starbucks, Five Guys oder ähnlichen globalen Marken eröffnen, ist das ein klares Signal. Die authentische, inhabergeführte Ladenkultur weicht der standardisierten Kommerzialisierung. Das Viertel hat seine Einzigartigkeit verloren und ist zu einem austauschbaren Produkt geworden.
  • Zeichen 2: Der Wegzug der Kreativen. Beobachten Sie die Galerienszene und die Ateliers. Wenn Künstler und kleine Galerien sich die Mieten nicht mehr leisten können und in günstigere Nachbarviertel abwandern, ist das ein Frühwarnindikator. Sie sind die „Kanarienvögel im Kohlebergwerk“ der Gentrifizierung.
  • Zeichen 3: Mainstream-Medien erklären das Viertel zum „Hotspot“. Sobald große Tageszeitungen oder Lifestyle-Magazine ein Viertel zum „place to be“ erklären, ist die Information im Massenmarkt angekommen. Die Preise haben zu diesem Zeitpunkt bereits das Maximum dessen erreicht, was der Markt hergibt. Sie als smarter Investor waren schon Jahre vorher da.

Wenn Sie zwei dieser drei Zeichen in einem Viertel beobachten, ist es an der Zeit, Gewinne zu realisieren oder einen Einstieg strikt zu meiden. Der Hype ist dann vorbei und das Risiko einer Preiskorrektur übersteigt das verbleibende Potenzial bei Weitem.

Warum werden Einfamilienhäuser auf dem Land bis 2040 massiv an Wert verlieren?

Das Einfamilienhaus im Grünen, lange Zeit der Inbegriff des deutschen Wohntraums, entwickelt sich in vielen Regionen zur tickenden Zeitbombe für Investoren. Der Wertverlust, der bis 2040 prognostiziert wird, hat zwei fundamentale und unaufhaltsame Treiber: Demografie und veränderte Lebensmodelle. Studien gehen davon aus, dass in knapp der Hälfte der 401 deutschen Landkreise die Immobilienpreise bis 2035 real an Wert verlieren werden, und Einfamilienhäuser in strukturschwachen Gebieten sind davon am stärksten betroffen.

Der erste Treiber ist der demografische Wandel. Die Generation der Babyboomer, die heute oft in großen Einfamilienhäusern lebt, wird diese in den nächsten 10-20 Jahren auf den Markt bringen – sei es durch Umzug in eine kleinere, barrierefreie Wohnung oder durch Vererbung. Gleichzeitig ist die Geburtenrate gering, und die nachfolgenden Generationen sind deutlich kleiner. Ein höheres Angebot trifft auf eine sinkende Nachfrage. Ältere Menschen benötigen weniger Quadratmeter, was zu einem strukturellen Überangebot an großen Immobilien führt. Diesem Mechanismus kann sich kaum eine ländliche Region ohne starken Zuzug entziehen.

Ein alterndes Einfamilienhaus auf dem Land mit sichtbaren Alterserscheinungen, das den zukünftigen Wertverlust symbolisiert.

Der zweite Treiber sind veränderte gesellschaftliche Prioritäten. Jüngere Generationen legen oft mehr Wert auf Flexibilität, Nähe zum Arbeitsplatz (auch im Homeoffice-Zeitalter ist die soziale Anbindung wichtig) und eine gute Infrastruktur als auf einen großen Garten. Die mit einem Einfamilienhaus verbundenen Kosten und der hohe Instandhaltungsaufwand werden zunehmend als Belastung empfunden. Hinzu kommen steigende Energiekosten und die Notwendigkeit teurer energetischer Sanierungen, die den Wert alter, unsanierter Häuser zusätzlich drücken. Das Investment in ein ländliches Einfamilienhaus ist daher oft ein Investment gegen den demografischen und gesellschaftlichen Trend.

Zentrum oder Kiez: Warum ist das Hotel im Trendviertel oft lauter als gedacht?

Ein Investment in einem aufstrebenden Kiez scheint perfekt: hohe Nachfrage, pulsierendes Leben. Doch genau dieses „pulsierende Leben“ entpuppt sich oft als erheblicher Nachteil, der die Wohnqualität und damit den langfristigen Wert mindert – der Lärm. Der Lärm in einem Trendviertel ist dabei vielschichtiger als einfacher Verkehrslärm im Stadtzentrum. Es ist ein Gemisch aus sozialen, kommerziellen und regulatorischen Faktoren, das die Lebensqualität unvorhersehbar beeinträchtigen kann.

Als Investor müssen Sie lernen, diese verschiedenen Lärmquellen zu analysieren und zu antizipieren. Die Anziehungskraft eines Viertels für Touristen und Nachtschwärmer (digitaler Lärm durch „Instagram-Hotspots“) führt zu Konflikten mit der alteingesessenen Bevölkerung (sozialer Lärm). Bars, Clubs und Spätis (gastronomischer Lärm) schaffen eine Geräuschkulisse, die weit über die üblichen Geschäftszeiten hinausgeht. Selbst gut gemeinte regulatorische Maßnahmen wie Milieuschutz können paradoxerweise zu Problemen führen, wenn sie die Nutzungsarten nicht klar trennen.

Die Lage im 3. Stock über einer „hippen“ Bar mag für einen Kurzzeitmieter attraktiv sein, ist aber für einen Langzeitmieter, der Ruhe sucht, ein Albtraum. Dies führt zu höherer Fluktuation und potenziellen Mieteinbußen. Bevor Sie investieren, ist eine gründliche Lärm-Due-Diligence unerlässlich. Besuchen Sie das Objekt zu verschiedenen Tages- und Nachtzeiten, analysieren Sie die Bebauungspläne und prüfen Sie die Dichte und Art der Gastronomie im direkten Umfeld. Die folgende Checkliste hilft Ihnen dabei, die potenziellen Lärmrisiken systematisch zu bewerten.

Checkliste zur Lärmanalyse im Zielgebiet

  1. Regulatorischer Lärm: Prüfen Sie die geltenden Lärmschutzverordnungen, Bebauungspläne und eventuelle Milieuschutz-Auflagen. Gibt es Ausnahmegenehmigungen für Gastronomie?
  2. Sozialer Lärm: Recherchieren Sie in lokalen Medien oder Foren nach Berichten über Nutzungskonflikte zwischen Anwohnern und Gewerbetreibenden oder Touristen.
  3. Digitaler Lärm (Overtourism): Identifizieren Sie auf Instagram oder TikTok, ob das Viertel oder sogar die Straße als „Hotspot“ gilt. Dies ist ein Indikator für zukünftige Touristenströme.
  4. Gastronomischer Lärm: Analysieren Sie die Dichte und Art der Gastronomiebetriebe im direkten Umkreis (z.B. via Google Maps). Achten Sie besonders auf Bars, Clubs und Außenbereiche.

Das Wichtigste in Kürze

  • Wertsteigerungen durch Infrastruktur folgen einem Verzögerungseffekt; Geduld ist profitabler als schnelle Spekulation.
  • Langfristige demografische Trends (Altersstruktur, Abwanderung) sind für den Immobilienwert entscheidender als kurzfristiger Hype.
  • Klare Indikatoren wie die Ankunft internationaler Ketten und der Wegzug von Kreativen signalisieren zuverlässig, dass ein Viertel seinen preislichen Höhepunkt erreicht hat.

Warum lügen Online-Portale oft über die tatsächliche Qualität der Nachbarschaft?

Online-Immobilienportale sind Ihr erstes Werkzeug bei der Suche, aber sie sind Verkaufsplattformen, keine neutralen Analyse-Tools. Ihre Algorithmen sind darauf optimiert, Objekte attraktiv darzustellen, nicht, Ihnen eine objektive Entscheidungsgrundlage zu liefern. Die „Lügen“ der Portale sind oft keine direkten Falschaussagen, sondern strategische Auslassungen und manipulative Darstellungen. Als Scout müssen Sie lernen, diese Fassade zu durchschauen und Ihre eigene Due Diligence durchzuführen.

Die gängigsten Manipulationstechniken sind das Weglassen negativer Daten, die Verschönerung durch Fotografie und die Verwendung irreführender Lage-Scores. Wichtige Informationen wie lokale Kriminalitätsstatistiken, Lärmkarten, Daten zur Luftqualität oder die Insolvenzrate lokaler Unternehmen werden systematisch ausgeblendet. Stattdessen werden positive Aspekte überbetont. Automatisierte Lage-Bewertungen basieren oft auf reiner Quantität (z.B. Anzahl der Cafés im Umkreis von 500 Metern) anstatt auf Qualität (Art der Cafés, Sicherheit bei Nacht, Klientel). Ein Viertel mit vielen Spielhallen und Wettbüros kann so einen besseren Score erhalten als ein ruhiges, sicheres Wohnviertel mit wenigen, aber hochwertigen Geschäften.

Fotos sind ein weiteres zentrales Problem. Weitwinkelobjektive lassen kleine Räume riesig erscheinen, Aufnahmen zur „Golden Hour“ tauchen jede noch so triste Fassade in warmes Licht, und digitale Bildbearbeitung entfernt Risse in der Wand oder Mülltonnen vor dem Haus. Verlassen Sie sich niemals allein auf die Online-Darstellung. Nichts ersetzt die Inspektion vor Ort – und zwar zu verschiedenen Tages- und Nachtzeiten, unter der Woche und am Wochenende. Nur so erhalten Sie ein unverfälschtes Bild der tatsächlichen Qualität der Nachbarschaft.

Das Wissen darum, wie Online-Portale die Realität verzerren, ist der erste Schritt zu einer unabhängigen und fundierten Investitionsentscheidung.

Um Ihre Anlagestrategie auf ein solides Fundament zu stellen und teure Fehler zu vermeiden, ist eine tiefgehende, datenbasierte Analyse unumgänglich. Beginnen Sie damit, Ihre Bewertungskriterien zu schärfen und die hier vorgestellten analytischen Werkzeuge konsequent anzuwenden.

Häufige Fragen zur Identifikation von Trendvierteln

Welche Daten werden auf Immobilienportalen systematisch weggelassen?

Daten, die das positive Bild stören könnten, werden oft nicht angezeigt. Dazu gehören Kriminalitätsstatistiken, Lärmbelastungskarten, Daten zur Luftqualität und lokale Insolvenzraten. Diese müssen Sie über städtische oder polizeiliche Quellen selbst recherchieren.

Wie erkennt man manipulierte Fotos in Immobilienanzeigen?

Typische Anzeichen für manipulierte Fotos sind unnatürliche Weitwinkel-Verzerrungen, die Räume größer wirken lassen, eine übertrieben warme Lichtstimmung durch Aufnahmen zur „Golden Hour“ und das digitale Entfernen von störenden Elementen wie Rissen, Stromleitungen oder Mülltonnen.

Warum sind automatisierte Lage-Scores oft irreführend?

Diese Scores bewerten meist die reine Quantität von Einrichtungen (z.B. die Anzahl der Cafés) anstatt deren Qualität oder die tatsächliche Atmosphäre. Ein Viertel mit vielen Billig-Imbissen kann so besser bewertet werden als ein ruhiges, hochwertiges Wohnviertel. Die Sicherheit bei Nacht oder das Klientel werden nicht erfasst.

Geschrieben von Sabine Rothmann, Unabhängige Finanzberaterin (CFA) und Immobilieninvestorin mit Schwerpunkt auf energetische Sanierung und Vermögensaufbau. Über 12 Jahre Erfahrung im Asset Management und privaten Portfolio-Structuring.